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28.10.2019

Krach bei Bach

Foto:Schepp

(von Karola Schepp – Gießener Allgemeine/Foto:Schepp)
Johann Sebastian Bach und Popkultur – das scheint auf den ersten Blick nicht zu passen. Aber das tut es, wie die neueste Produktion des Kinder- und Jugendchors am Stadttheater zeigt. „Krach bei Bach“ ist ein Musical von Kindern für Kinder ab neun Jahren und feiert den Musiker mit Comicsprechblasen und schmissigen Musicalsongs.

Als Musikgenie hat man es nicht immer einfach. Auch eine Berühmtheit wie Johann Sebastian Bach muss sich mit politischen Ränkespielen, ungerechter Jobvergabe oder aufmüpfigen Kindern herumschlagen. Wie er das meistert, das zeigt das neue Musical des Kinder- und Jugendchors am Stadttheater in bewährter Kooperation mit der Musikschule Gießen.

Stephanie Kuhlmann inszeniert das einstündige Spektakel im an Comics angelehnten Bühnenbild von Thomas Döll. Sprechblasen, ein multifunktionales Riesenklavier und Emojis sowie Pop-Art-Kostüme: Hier gibt es jede Menge zu entdecken und Bach wird mühelos in die Moderne katapultiert. Martin Gärtner vom Stadttheater als musikalischer Leiter und Katja Marauhn von der Musikschule haben mit den Kindern und Jugendlichen die notwendige Vorarbeit geleistet.

Das von Rainer Bohm und Gabriele Timm geschriebene Musical erzählt eine Episode aus dem Leben des berühmten Thomaskantors, die das Musikgenie und sein Umfeld höchst unterhaltsam porträtiert. In drei Sequenzen wird präsentiert, wie sehr Johann Sebastian Bach mit Rektor Ernesti streitet. Schließlich hat der seinen inkompetenten Freund Krause zum Präfekten ernannt und nicht den berühmten Bach – sehr zum Ärger auch der Thomaner. Und dann zieht Krause auch noch mit Bachs Sohn Bernhard saufend und rauchend um die Häuser. Die drei Damen Tugend, Kunst und die für das Laster zuständige Malvitia – die bei dem ganzen Schlamassel die Fäden ziehen – machen es dem Musiker und Familienvater zusätzlich schwer. Und zu allem Überfluss fordert auch noch der Stadtrat von Bach, endlich seinen Pflichten ordnungsgemäß nachzukommen und sich auf althergebrachte Musik zu besinnen, statt die Musik zu revolutionieren. Am Ende fügt sich natürlich doch wieder alles zum Happy End und Bachs nachfolgende Musikerkollegen – von Rossini bis Bernstein, von Mozart bis Beethoven – werden mit ihren Lobeshymnen auf das Genie Bach zitiert.

Der Kinder- und Jugendchor präsentiert die an eingängigen Melodien reiche Geschichte mit viel Verve und offenkundigem Spaß an den pfiffigen Texten und schmissigen Songs. Beim Publikum kommt das bestens an. Das kleine Orchester der Musikschule bietet den Sängern dabei eine stets sattelfeste musikalische Grundlage. Das Trio Infernale von Tugend, Kunst und Laster (alternierend gespielt von Maja Gandeberger/Louisa Merz, Eyleen Grusar/Runa Niedecken und Katharina Hendel/Lilly Stahl) führt souverän und mit viel Spielfreude durch die Geschichte. Und als in der Premierenvorstellung Rolf Westermann als kecker Bernhard Bach auch noch stilecht rappt, gibt es zum ersten Mal Anlass für hoch verdienten Zwischenapplaus.

Weitere Vorstellungen von „Krach bei Bach“ folgen am 10. und 14. November sowie 5. Dezember, jeweils 15 und 18 Uhr im taT.

Erheblicher Probenaufwand
Martin Gärtner, der Leiter des Kinder- und Jugendchor des Stadttheaters, leitet auch das Kammerorchester der Musikschule Gießen, das sich immer in einzelnen Projektphasen auf Konzerte vorbereitet, wie z. B. in diesem Jahr auf dem Schiffenberg oder im Stadttheater. Aus diesem Kreis rekrutiert sich die Besetzung für das Orchester in der Kinderoper. In jeder Aufführung spielt aus Gründen des im taT vorhandenen Platzes und der Klangbalance immer nur eine sehr kleine Besetzung, die sich abwechselt. Das bedeutet aber, dass die Schülerinnen und Schüler kammermusikalisch spielen und ihre Stimme auch wirklich beherrschen müsssen. Dafür wurde sehr viel Zeit von Schülern und Lehrkräften investiert mit Üben im Unterricht und zu Hause, zusätzlichen Stimm- und Orchesterproben. Der Kinder- und Jugendchor studierte das Werk ebenfalls zunächst musikalisch und dann szenisch ein. Erst ca. eineinhalb Wochen vor der Premiere kamen Orchester und Chor zu den restlichen Proben zusammen, dann aber drei- bis viermal in der Woche.