Nachwuchs glänzt auf Gießens taT-Studiobühne
(von Ursula Hahn-Grimm – Gießener Anzeiger/Foto:Hahn-Grimm)
GIESSEN – Eine wirklich unterhaltsame Stunde auf hohem musikalischen Niveau, eine Freude für die beteiligten Jugendlichen, ihre Eltern und Großeltern: „Krach bei Bach“ ist ein Musical, aufgeführt vom Orchester der Musikschule und dem Kinder- und Jugendchor des Stadttheaters Gießen unter Leitung von Martin Gärtner. Das bedeutete am Donnerstagabend eine ausverkaufte Premiere in der taT-Studiobühne, an deren Ende es lang anhaltenden Applaus, lautes Fußtrampeln und begeisterte Bravo-Rufe gab.
Diese akustische Belohnung hatten sich die rund 50 mitwirkenden Kinder redlich verdient. Mit viel Enthusiasmus und musikalischem Gespür hatten sie sich das Musical von Rainer Bohm und Gabriele Timm über Johann Sebastian Bach, den Meister der Alten Musik angeeignet.
Und auch der musikalische Leiter Martin Gärtner hat wieder einmal ein kleines Glanzstück hingelegt. Von seinem Dirigentenplatz vor dem Jugendorchester im Bühnenhintergrund leitete er per Videoübertragung auch Chor und Solisten auf der Bühne. Das hat prima geklappt: die gemeinsamen Auftritte in Tempo und Lautstärke, die Soloeinlagen, die Instrumentalvorspiele. Alles war sorgfältig geprobt und wurde nun mit Schwung umgesetzt. Vorarbeit bei der Einstudierung des Orchesters hatte Katja Marauhn, Leiterin der Musikschule Gießen, geleistet.
Die Stück erzählt davon, dass auch ein Kompositionsgenie wie Bach für seine Kunst nicht immer die erwünschte Zeit zur Verfügung hat. Auseinandersetzung mit dem mächtigen Leipziger Thomaskantor, Auseinandersetzungen mit den Mächtigen der Politik und zu Hause acht Kinder, die nicht selten ebenfalls für Krach sorgen: So sah der Alltag für den Leipziger Musiker aus. Und für die Kinder war es mit dem vielbeschäftigten Vater auch nicht immer einfach, wie das Musical berichtet.
Die Geschichte wird von drei jungen Sängerinnen erzählt und kommentiert: Mit anrührender und klarer Stimme vertrat Louisa Merz die Rolle der Tugend, ihr Gegenpart war Eyleen Grisar als augenzwinkernd-diabolische Malvitia, Katharina Hendel schließlich versuchte diplomatisch und musikalisch souverän beide Seiten zu vereinen. Die Aufführungen sind jeweils doppelt besetzt, so werden am Sonntag weitere Mitwirkende Gelegenheit haben, in Solorollen zu brillieren.
In drei Szenen wird die Handlung aufgerollt, ein einfaches, doch funktionales Bühnenbild führt mitten hinein ins Geschehen, auch die Kostüme machen mit glänzenden Farben und raffinierten Schnitten eine Menge her. Bühne und Kostüme stammen von Thomas Döll, Regie führte Stephanie Kuhlmann.
Rollen doppelt besetzt
Erste Runde: Bach vs. Ernesti. Der Rektor der Thomasschule hat seinen Freund Krause zum Präfekten ernannt, was diesen ermächtigt, in Gottesdiensten den Thomanerchor zu dirigieren. Darüber beschweren sich nicht nur die Thomaner (kraftvoller und gut verständlicher Choreinsatz), sondern auch Johann Sebastian Bach: „Dass dieser Krause absolut unfähig ist, weiß ja wohl jeder“. Als Bach ist Kassandra Niedecken mit warmer Stimme zu hören. Zweite Runde: Bach Vater versus Bach Sohn. Ausgerechnet jener Krause ist dann mit dem schwarzen Schaf der Familie, Johann Gottfried Bernhard Bach in einer Trink- und Spielrunde in der Familie zu erleben. Zwei junge Sänger begeistern mit ihrem rüpelhaften Auftritt, der so ganz im Gegensatz zu ihren hellen Knabenstimmen steht. Dieser Auftritt von Bernhard kann dem Vater nicht gefallen. Beste Gelegenheit für die drei Grazien, die Tugend, Malvitia und Kunst, sich wieder einmal einzumischen.
Dritte Runde: Bach versus Stadtrat. Der Stadtrat fordert von Bach, sich auf Althergebrachtes in der Musik zu besinnen. Doch gerade die neuen Ideen von Bach sind so inspirierend für ganze Musikergenerationen nach ihm. In einer kleine Werkschau kamen zum Schluss noch viele große Komponisten zu Gehör: Beethoven und Rossini, Schumann und Wagner und auch die „Kleine Nachtmusik“ von Mozart durfte nicht fehlen.
Weitere Vorstellungen am Sonntag, 27. Oktober, um 18 Uhr sowie am 10., 24. November und 8. Dezember jeweils 15 und 18 Uhr.