Musikschule setzt auf Technik

(von Karola Schepp, Gießener Allgemeine; Foto: © Oliver Schepp)
Besondere Zeiten fordern kreative Lösungen. Das hat auch die kommunale Musikschule erkannt – und neue Wege für den Musikunterricht in Corona-Zeiten entwickelt. Nun treffen Geige auf Facetime oder Zoom und Klavier auf Skype und Laptop. Schüler und Lehrer arbeiten mithilfe moderner Technik zusammen.
Als die Corona-Krise in Deutschland ihren Anfang nahm, da waren Katja Marauhn, Leiterin der kommunalen Musikschule, und ihr Team noch recht zuversichtlich. „Wir hatten zunächst gehofft, dass der normale Einzelunterricht davon nicht betroffen wäre“, erinnert sich Marauhn. Doch spätestens mit dem Erlass vom 18. März zu Kontakteinschränkungen war klar, dass auch das keine Option ist. Schnellstmöglich mussten andere Unterrichtsformen gefunden werden, schließlich sind beim Musizieren Kontinuität und Motivation wichtig und es kann in diesen Zeiten emotionaler Ausgleich sein.
„Es haben sich ganz viele Lehrer und Schüler auf diese Lösungen eingelassen“, freut sich die Musikschulleiterin. Wie alle anderen öffentlichen Musikschulen im Verband deutscher Musikschulen erhält auch die Musikschule Gießen ihren Unterrichtsbetrieb seit nunmehr zwei Wochen mit alternativen Unterrichtsformen aufrecht. „Fast alle sind bereit, Neues dazuzulernen und auszuprobieren – es ist ja auch eine noch nie dagewesene Situation, betont Marauhn.
Und so wird musiziert und gelehrt mittels Computerprogrammen wie Skype, Facetime, Zoom und Ähnlichem. Lehrer und Schüler können sich auf Bildschirmen gegenseitig sehen und verständigen. Als Notlösung reicht das allemal. Der Lehrer sieht, ob sein Schüler den Bogen richtig hält und hört, was gespielt wird. Er oder sie kann jederzeit Rückmeldung geben.
Doch natürlich bedingt dieser Online-Unterricht gute Computertechnik und sicheres Internet auf beiden Seiten. Manchmal sind Bild und Ton aber nicht synchron, Laptops zu alt oder eingebaute Mikrofone zu schlecht. „Es klingt einfach nicht so, als würde man in einem Raum spielen“, beschreibt Marauhn die Lage. Und gemeinsames Musizieren lasse die Computertechnik an ihre Grenzen stoßen. Auch die Übertragungsgeschwindigkeit sei manchmal ein Problem.
Aber im Gegenzug lernen die Kinder auch eine neue Selbstständigkeit. Sie schreiben eigenhändig Fingersätze in die Noten oder stimmen ihr Instrument selbst. Viele Eltern freuen sich, dass sie den Instrumentalunterricht ihrer Kinder im Wohnzimmer live miterleben können.
Für die Lehrer ist Musikunterricht im Homeschooling-Modus ebenfalls eine Herausforderung. So wie Gitarrenlehrer Arne Kühr verbringen sie oft mehrere Stunden am Tag vor dem Bildschirm. Andere Lehrkräfte geben Übungsaufgaben per E-Mail oder Telefon durch und lassen sich das Geübte als Video schicken. Das können sie analysieren und Schülern Feedback und neue Aufgaben geben. Dies funktioniert gut bei Schülern, die schon etwas weiter sind und schon selbstständig üben. Wieder andere Lehrer überlegen sich Theorieaufgaben.
„Wir freuen uns, dass die Alternativen von Eltern und Schülern gerne und neugierig angenommen werden“, betont Marauhn. „Ausnahmen gibt es natürlich, für diese wenigen werden einzelne Lehrkräfte dann Ersatzunterricht, zum Beispiel in den Sommerferien, anbieten.“
Und wie funktioniert das Musizieren mit den ganz kleinen Schülern? Hier hat Musiklehrerin Sabine Weide digitale Lernangebote für Eltern und Kinder aus dem Elementarbereich oder der musikalischen Früherziehung geschnürt. Diese schaffen Anreize, zu Hause im Kreis der Familie zu singen, Musik zu hören oder passend zu Ostern „Rasseleier“ zu basteln. Aber auch Links zu einem Hörspiel über Johann Sebastian Bach und sein Lieblingsinstrument, die Orgel, sind darin enthalten.