Kein schlechter Anlass für eine Kooperation
(hsch – Gießener Anzeiger/Foto: Schultz)
GIESSEN. Einen etwas anderen Einstieg ins Beethovenjahr erlebten am Sonntag die Besucher im Levi-Saal des Rathauses. Die Musikschulen Gießen und Wetzlar präsentierten einen Überblick über die Leistungen ihres Nachwuchses mit Werken des vor knapp 250 Jahren geborenen Jubilars. Der Überblick erwies sich als ebenso interessant wie anrührend.
17 junge Leute sowie ein Lehrer und Begleiter der Wetzlarer Musikschule waren zu hören. Den Beginn bestritten die ganz jungen Akteure mit kurzen einfachen, zumeist Tanzstücken. Man konnte gleichsam die Lernschritte betrachten, die die Kleinen bislang hinter sich gebracht hatten. Was noch etwas ungelenk war, ließ jedoch schon ahnen, wohin sich das Ganze entwickeln kann. Konzentriert wurde da gearbeitet, und man spürte die Anstrengung der jungen Musiker. Zugleich zeigte sich auch der Wille zum Lernen, gelungen waren die Leistungen von Karolina Zinn, Maria Sophie Schmidt, und Oleg Urmann. Der älteste von ihnen spielte kraftvoll auf, sicher und flüssig. Ein kleiner Rumpler, völlig normal, brachte ihn nicht aus der Ruhe; Überhaupt waren die Akteure nicht aus dem Konzept zu bringen: Falls es mal hakte, wurde entweder flüssig weitergespielt oder resolut neu angesetzt. Eshakte aber selten.
Das erste Glanzlicht zündete Maria Tschumatschenko. Sie musizierte die Contredanse Nr. 5 mit klarem Ausdruck und Gefühl. Richtig räumte dann Karlotta Füllkrug ab. Ihre charmante Umsetzung von „Für Elise“ geriet gewandt, mit deutlichem Ausdruck und auf offenkundig höherem Kenntnisstand. Frei, fast elegant spielte Salma Ashoub auf und realisierte die „Sechs Ecossaises“ 83 zunächst dynamisch gestaltet, dann robust.
Die längere Lerndauer ließ das Niveau steil ansteigen: die Zuhörer erlebten eine musikalische Zeitreise vom Beginn des Klavierspielens bis in beträchtliche Höhen. Felicia Voina (Violine) und Christian Krieger am Klavier machten das deutlich. Mit merkbarer Sicherheit und etwas schmalem Aus-drück musizierten sie höchst achtbar das Rondo 0-Dur Nr. 41 op. 81. Alina Gur vermittelte klaren Ausdruck beim Menuett in G-Dur op. 10 Nr. 2. Kristina Muschinski spielte flüssig und differenziert die „Bagatelle g-Moll op. 119 Nr. 1, ein Glanzlicht.
Mit den letzten vier Teilnehmern begann dann eine andere musikalische Dimension. Richtig gut präsentierte Valerij Tschumatschenko den ersten Satz aus der Sonate c-Moll op. 10 Nr. 1, das Allegro con brio. Genau das legte er auch in sein Spiel, welches er mit feurigen Start anlegte. Dynamik und Klang wurden bewusst gestaltet. Auch Fabian Drolsbach (Gießen, 1. Satz aus der Sonate Grande pathtique c-Moll op. 13), Kristina Mamberger (Wetzlar, 2 Sätze aus der Sonate C-Dur op. 53) und besonders überzeugend Alexandra Melnik (Wetzlar, 32 Variationen c-Moll, WoO 80), agierten engagiert, sicher und in persönlicher Auseinandersetzung mit dem Werk. Bei allen war bereits die konkrete Atmosphäre der Musik spürbar, die Herstellung begann, in den Hintergrund zu treten. Zum Abschluss stellte Wigbert Traxler von der Wetzlarer Musikschule sechs Variationen über ein eigenes Thema vor: eloquent, gelassen, dabei aber temperamentvoll und mit angenehmem Ausdruck.
„Das war ein toller Start ins Beethovenjahr“, resümierte die Gießener Schulleiterin Katja Marauhn. Traxler dankte mit einem Grußwort der Wetzlarer Kollegen: „Beethoven ist nicht der schlechteste Anlass für eine Kooperation“, sagte er, „toll, dass die Teilnehmer ihr Können hier zeigen durften.“