Die Stimme der Lehrerin

Gabriela Tasnadi braucht man in der Gießener Musikwelt niemanden mehr vorzustellen. Längst ist die Mezzosopranistin eine Institution, wenn es um Ausbildung und Förderung junger Talente geht.
Gießen . Gabriela Tasnadi braucht man in der Gießener Musikwelt niemanden mehr vorzustellen. Längst ist die Mezzosopranistin eine Institution, wenn es um die Ausbildung und Förderung von jungen Talenten geht. Seit 1992 hat sie sich der Talentförderung verschrieben. Rund 380 Schüler habe sie mittlerweile für den Wettbewerb »Jugend musiziert« vorbereitet, berichtete sie lachend am Samstag im Hermann-Levi-Saal.
20 Jahre an der Musikschule
»Im nächsten Jahr werde ich die 400 voll machen, denn es werden rund 20 Schüler von mir dort antreten. Das ist toll«, freute sich die Musiklehrerin. Dabei erklingt viel zu selten ihre eigene, vollmundige Stimme auf der Bühne. Das war nun zu erleben: Anlässlich ihrer 20-jährigen Arbeit an der kommunalen Musikschule Gießen gab sie ein Konzert mit einer kleinen Auswahl ihrer persönlichen Lieblingslieder. Doch sie bestritt das Konzert nicht allein, sondern gab auch dem aufstrebenden jungen Posaunisten Martin Wilhelmi eine Bühne. Für ihn war es eine gute Möglichkeit, sein Programm einem Publikum zu präsentieren, denn in wenigen Wochen muss er die Abschlussprüfung in Karlsruhe bestreiten.
Der erste Vortragsteil war gleich eine musikalische Punktlandung. Zärtlich, rührend und voller Emotionen trug Tasnadi den Liederzyklus »Frauenliebe und Leben« von Robert Schumann vor. Sie bat das Publikum, diese sieben inhaltlich miteinander verwobenen Lieder nicht durch Klatschen zu unterbrechen. Und bald wurde klar, warum: Der wahre Zauber dieser Lieder entfaltete sich in ihrer Gesamtheit, die sie mit einer unnachahmlichen Präsenz vortrug. Es folgten die zwei kleinen Lieder »Morgen« und Zueignung von Richard Strauß, dem musikalischen Alleskönner, dessen poetischer Grundton seiner beiden Kleinodien sich nahtlos an die romantischen Lieder von Schumann anschloss.
Auf der musikalischen Reise von der Romantik in die Moderne durfte auch das Kapitel »Musical« nicht fehlen. Die Musikerin wählte aus Andrew Lloyd Webbers »Cats« den Song »Memories« aus und begleitete sich selbst am Klavier. Dadurch entstand eine intime Stimmung, in der sie das Lied, befreit von schrillen Tönen, dafür mir viel Tiefe vortrug. Wer ihre Interpretation hörte, wusste anschließend, wie schlecht vielen andere sein können.
Beim anschließenden Tango »A media luz« von Edgardo Donato kam Tasnadis voller Mezzosopran glänzend zur Geltung, den sie wie ein gesanglicher Wirbelwind mit viel Leidenschaft einsetzte. Auch bei dem letzten Stück des Konzerts blieb sie in der Welt des Tangos, erneut unterstützt von Posaunist Wilhelmi. Ein echter Ohrenschmaus war die Präsentation von »Dos Gardenias« von Isolina Carrillo. Als fröhlicher Rausschmeißer diente »La Cucaracha«, das dem jungen Begleiter einiges abverlangte, weil Tasnadi ihn mit ihrem Stimmvolumen locker übertönte
Abwechselnd zu ihrem Vortrag kam Wilhelmi auf die Bühne und trug zunächst von Johann Georg Albrechtsberger das Konzert für Altposaune vor, dass er mit Bravour meisterte, bevor er sich dem nicht minder anspruchsvollen Konzert für Posaune und Orchester von Laundy Gröndahl widmete. Mit Giacinto Scelsi hatte er sich einen Exzentriker unter den Musikern ausgesucht, der ein eigenwilliges Werk hinterlassen hat. Das Stück »Mantram – Canto anonimo« war eine Herausforderung, die Wilhelmi hervorragend löste.
Begleitet wurden die beiden Musiker von Hermann Wilhelmi am Klavier, der sich längst zu einem gefragten Korrepetitor entwickelt hat. »Wilhelmi ersetzt ein ganzes Orchester«, schwärmte Gabriela Tasnadi in ihrer Moderation. Im Levi-Saal war er Stütze und Halt für die beiden Künstler, immer auf den Punkt genau, ohne sich dabei in den Vordergrund zu spielen.
»Es ist mir eine Ehre, eine solche Künstlerin begleiten zu dürfen«, sagte Wilhelmi im Anschluss an das Konzert. Und natürlich war es für ihn als Vater auch besonders spannend, seinen Sohn zu begleiten und damit auf die Prüfung in Karlsruhe vorzubereiten.
