„Nur am Anfang aufgeregt“

Von Heiner Schultz (Gießener Anzeiger vom 01.04.2021)
GIESSEN. Lorena Margert ist ein ganz besonderes Energiebündel: Im Alter von fünf Jahren begann die Burgsolmserin mit dem Klavierspielen, seitdem sind Geige und Gesangunterricht an der Musikschule Gießen hinzugekommen. Und Russisch lernt sie auch noch. Vor allem aber „möchte ich auf der Bühne stehen“, bekennt die Zwölfjährige. Dabei wird ihr an diesem Samstag ein Millionenpublikum zusehen. Denn dann wird ihr Auftritt in der TV-Castingshow „The Voice Kids“ ausgestrahlt. Für Lorenas Gießener Gesangslehrerin Gabriela Tasnadi passt das: „Sie ist ein Riesentalent – einfach prädestiniert für die Bühne“.
Lorena Margert besucht die Wetzlarer Freiherr-vom-Stein-Schule, ein Gymnasium mit Schwerpunkt Musik, Das Mädchen mit dem sanft leuchtenden roten Haar wirkt im Gespräch ruhig und konzentriert. Ihre Sätze sind glasklar, zugleich blitzt immer wieder ihr fröhliches, einnehmendes Lächeln auf. Man merkt schnell, Lorena steht nicht unter Druck, sondern ruht in sich selbst – bemerkenswert für so einen jungen Menschen. Ebenso wie das Pensum, dass sie jede Woche erfüllt. Zum regulären Schulunterricht kommen wöchentlich vier Einheiten an der Musikschule Wetzlar. Eine fünfte Wochenstunde führt sie zu Gabriela Tasnadi an die Musikschule Gießen, bei der sie das Fach Gesang lernt. Hinzu kommt eine Wochenstunde Ballett in Wetzlar.
Das sollte für ein ausgefülltes Wochenprogramm eigentlich reichen, doch Lorena entschied sich, samstags fünf Stunden auf der russischen Schule (Deutsch-Russisches Zentrum) in Gießen zu absolvieren. „Ich wollte das einfach gern kennenlernen“, sagt sie dazu. Zu ihrem Vergnügen spielt sie außerdem Geige. Am liebsten aber singt Lorena.. Ist das nicht alles ein bisschen viel? „Daran habe ich auch immer gedacht und sie danach gefragt, wenn sie wieder etwas Neues anfangen wollte“, erklärt ihre Mutter Irena Margert. „Aber Lorena war stets ganz sicher, dass sie all diese Sachen anpacken wollte. Und sie ist immer drangeblieben.“ Ihre Tochter nahm bereits an zahlreichen regionalen und landesweiten Wettbewerben wie „Jugend musiziert“ teil und belegte dabei stets einen der ersten drei Plätze. „Sie ist sehr diszipliniert und leidet kein bisschen unter Lampenfieber“, sagt Gesangslehrerin Tasnadi.
Wie begann es mit der Leidenschaft für die Musik?. „Ich hab mit fünf begonnen, Klavier zu spielen und mit sieben richtig losgelegt“, antwortet Lorena. Gesangunterricht nahm sie bereits im Kindergartenalter in der Musikschule Wetzlar. Die inzwischen hinzugekommenen Ballettstunden werden online absolviert. „Die Teilnehmer bekommen jede Woche Videos geschickt, damit sie dranbleiben“ sagt ihre Mutter. Die werden daheim nachgetanzt. Gesanglehrerin Tasnadi ergänzt: „Das sind für Lorena jeweils 45 Minuten Klavier, Geige, Gesang und Ballett. Und am Samstag die russische Schule.“ Dort lernen die Kinder Grammatik und Vokabeln, „aber es gibt auch andere Fächer wie Musik und eine Theater AG“. Lässt das eng getaktete Programm denn auch noch Freizeit zu? Lässt es. „Dann verbringe ich Zeit mit meiner Familie oder singe einfach zu Hause.“ Auf Genres ist sie nicht festgelegt: ob Pop, Schlager oder Musical. Ob sich da bereits eine berufliche Richtung abzeichnet? „Am liebsten würde ich auf der Bühne stehen, aber ich hab jetzt nicht so ein festes Ziel“, antwortet das Multitalent.
Und wie kam es zur Teilnahme an den „Voice Kids“? In der Coronazeit hatte sie nicht so viel zu tun, „und da bin ich auf die Idee gekommen“, erzählt sie. Die Sendung hat sie oft geschaut „und ich wollte einfach mal schauen, wie weit ich es schaffe. Ich hätte gar nicht erwartet, dass ich so weit komme,“ Die Vorgabe des mit prominenten Coaches wie Wincent Weiss und Stefanie Kloß besetzten Showformats ist, dass die jungen Kandidaten ein Video mit einem gesungenen Titel ihrer Wahl einreichen. Lorena wählte „What about us“ von Pink Es hat überzeugt und sie wurde nach Berlin ins Fernsehstudio eingeladen. War das erste Vorsingen sehr schwierig? „Am Anfang bin ich immer ein bisschen aufgeregt, aber wenn ich dann anfange zu singen, geht die Aufregung von selbst weg,“ erklärt das Mädchen. „Es war schon ein bisschen komisch, weil da überall Kameras standen, aber es ging eigentlich.“ Vor den Auftritten der Teilnehmer wurden die Songs zudem bei einem Coaching gesungen und eventuell in der Tonhöhe angepasst. Lorena erhielt dabei ein paar Tipps, wo sie etwas leiser oder lauter sein sollte. „Das war schon hilfreich. Die Leute waren sehr nett und offen, und ich hatte
»Ich hab‘ kein Auge zugemacht, aber Lorena hat fest geschlafen. «
(Mutter Irene Margert über die Nacht vor der Endauswahl der TV-Show in Berlin.)
hinterher ein gutes Gefühl.“ Auch Lorenas Mutter erinnert sich sehr positiv an die Atmosphäre am TV-Set. „Sogar eine Psychologin war dabei“, erzählt Irene Margert. „Lorena ist ja immer ausgeglichen. Aber ich hätte nicht gedacht, dass sie so stark ist. Und sie hat allen anderen Kindern gewünscht, dass sie gewinnen.“ Nach der letzten Ausstrahlung der Saison – alle Auftritte sind inzwischen aufgezeichnet und werden nach und nach gesendet – findet das Finale in Berlin statt, wo sich die Teilnehmer mit den meisten Zuschauerstimmen live miteinander messen werden.
„Lorena ist eine Person, die von sich aus etwas vorschlägt“, berichtet Gesanglehrerin Tasnadi, bei vielen Kindern gingen die ersten Impulse dagegen eher vom Elternhaus aus. Es mache aber „einen großen Unterschied, ob man muss oder möchte, das sind zwei Welten.“ Lorena will – und hat bereits Erfolge bei mehreren Wettbewerben gesammelt, bevor sie sich bei den „Voice Kids“ beworben hat. Nach einer Auszeichnung bei den Kinderkulturtagen in Düsseldorf durfte sie etwa an einem Wettbewerb in St. Petersburg teilnehmen. „Da kommt eins zum anderen, und dann traut man sich auch, etwas Neues zu unternehmen“, erklärt ihre Lehrerin. Lorena sagt dazu einfach „Ja.“ Leise, aber auch bestimmt.
Die Sendung „The Voice Kids“ mit dem Auftritt von Lorena Margert wird am Samstag, 3. April, um 20:15 Uhr bei Sat. 1 gesendet.
Lorena Margerts Auftritt bei „The Voice Kids“ wird am Samstag um 20:15 in Sat. 1 gezeigt.
Fotos: Sat.1 André Kowalski, Claudius Pflug